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1. Theil 3 - S. 28

1880 - Stuttgart : Heitz
28 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Wehrlosen, und der Markgraf von Ansbach ließ 85 Bauern die Augen ausstechen, weil sie einmal gesagt hatten, sie wollten ihn nicht mehr ansehen. Die Zahl der Gebliebenen aus beiden Seiten wurde auf 100—150,000 gerechnet. Beide Theile hatten in blinder' Wuth zerstört und verwüstet; in Franken allein waren über 200 Stätten verbrannter Dörfer. Mehrere Tausend Waisen irrten ohne Obdach umher. Die Ruhe war wieder hergestellt, aber es war die Ruhe des Kirchhofs, die nur von dem Jammer unzähliger Opfer unterbrochen wurde. Es währte lange, ehe aus der Asche verbrannter Dörfer neue Wohnungen emporstiegen. Etwas Aehnliches trug sich in demselben Jahre in Thüringen zu. Als Luther die Bilderstürmereien in Sachsen unterdrückt hatte, waren die Wildesten über die Grenze gegangen. Nur ein schwärmerischer Prediger, Thomas Münzer, einst ein Schüler Luthers, war in Thüringen geblieben und trieb nach wie vor sein Wesen; zuerst in Zwickau. Er predigte nicht nur gegen den Papst, sondern auch gegen Luther, weil dessen Lehre nicht weit genug ginge und nur die Kirche, nicht auch die weltliche Obrigkeit verbessern wolle. Es müßte Gemeinschaft der Güter eingeführt und die Gewalt der Fürsten abgeschafft werden. Dabei verlangte Münzer von seinen Anhängern, daß sie sich nicht nur der groben Laster enthielten, sondern auch safteten, in schlechten Kleidern gingen, immer ernsthast und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart wachsen ließen und von Gott Offenbarungen durch Träume erwarteten. Wenn dann keine sich zeigten, so müsse man derb auf Gott schelten; das sähe er gern, weil es ein Zeichen eines eifrigen Gemüths sei u. s. w. Daß aber Münzer nicht blos ein überspannter Thor, sondern auch ein Betrüger war, hat sich bald erwiesen. Es lief ihm bald eine Menge von Menschen nach; alle halten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen aus. Endlich wurde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dulden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Da er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus), und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Rei-

2. Theil 3 - S. 31

1880 - Stuttgart : Heitz
Wiedertäufer in Münster. 31 Aber — er wurde gleich vom ersten Soldaten niedergestochen. Da trat der Schneider Bockold auf und sprach: das habe er längst gewußt; denn er sei ja bestimmt, seine Wittwe zu heiratheu und auch als Bürgermeister an seine Stelle zu treten. Aber diese Würde verrückte dem armen Schneider vollends den Kopf. Auf sein Geheiß mußte ein anderer Prophet, der Goldschmied Tausendschnur, dem Volke bekannt machen: Gott habe ihm offenbart, daß Bockold König sein, den ganzen Erdball beherrschen und alle Fürsten todtschlagen solle. Da fiel Bockold aus seine Kniee und rief: „Meine Brüder, das hat mir Gott schon vor vielen Tagen offenbart; aber ich wollte warten, bis ein anderer es euch verkündigte." So wurde aus dem Schneider ein König; er ließ sich goldene Kronen, einen Scepter, ein Schwert u. s. w. machen, ertheilte Audienz, ließ einen Thron auf dem Markte errichten, wo er Gericht hielt, und wenn er über die Straße schritt, so trug er einen scharlachenen Mantel mit einer langen Schleppe, die ihm von Edelknaben nachgetragen werden mußte, hatte die Krone auf dem Kopfe und ein glänzendes Gefolge hinter sich. Er erlaubte so viele Weiber zu nehmen, wie jeder wollte; er selbst brachte es auf 14. Eine enthauptete er auf dem Markte mit eigener Hand, weil sie ihm Vorstellungen über allen den Unsinn machte, und tanzte dann mit andern um den blutigen Leichnam herum, indem sie sangen: Ehre sei Gott in der Höhe! Endlich schickte er 28 Apostel aus in die benachbarten Städte; denn das Reich Christi, sagte er, solle auf Erden aufgerichtet werden. Nun war es Zeit, dem'unwesen ernstlich Einhalt zu thun. Der Bischof schloß die Stadt immer enger ein, und die Hungersnoth nahm so überhand, daß viele verhungerten und die andern wie Schattenbilder umherwankten. Und doch durfte keiner sich unterstehen, von Heb ergäbe zu sprechen. Da flohen zwei Bürger aus der Stadt und zeigten dem Bischöfe, wie er die Stadt schnell einnehmen könnte. Das geschah- denn auch, und nach einem wüthenden Kampfe, in welchem Rottmann seinen Tod fand, baten die Wiedertäufer um Gnade. Bockold, Kuipperdolling und Krechting wurden in eiserne Käfige gesperrt und wie seltene Thiere im Lande umhergeführt und gezeigt, dann aber in Münster grausam hingerichtet. Die Käfige mit den Leichnamen hängte man an dem Lambertusthurme auf; da kann man sie noch heute sehen.

3. Theil 3 - S. 40

1880 - Stuttgart : Heitz
40 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Geleit bis weit vor die Stadt. In allen Dörfern, durch welche der Zug kam, standen die Bauern der Gegend in ihren Feierkleidern, um dem hochverdienten Manne die letzte Ehre zu erweisen; alle Glocken läuteten. So kam der Zug nach Halle, um 5 Uhr Abends. Eine unzählige Menge von Einwohnern war herausgeströmt, die Leiche zu empfangen. Am Thore standen die Geistlichen und der Magistrat, und die Lehrer mit den Schülern zogen vor dem Leichenwagen mit Gesängen einher, unter so entsetzlichem Gedränge, daß der Wagen oft anhalten mußte und fast zwei Stunden zubrachte, ehe er die Marktkirche erreichte. Hier wurde die Leiche niedergesetzt und Trauerlieder gesungen oder vielmehr geschluchzt; so allgemein und tief war die Betrübniß der treuen Hallenser. Am folgenden Tage begleitete man die Leiche mit denselben Ehren wieder vor das Thor, und am 22. Februar, Montags, traf sie erst in Wittenberg ein und zog durch dasselbe Thor, vor welchem Luther einst die päpstliche Bulle den Flammen übergeben hatte. Nichts von der allgemeinen Trauer der Bürger, der Frauen und Kinder! Nichts von den Feierlichkeiten des Leichenbegängnisses! Er wurde eingesenkt in eine Gruft vor dem Mare der Schloßkirche; eine schöne große Metallplatte verschließt die Gruft und zeigt den Ort, wo seine Asche ruht. Erst 14 Jahre nach ihm starb auch der edle Melanchthon. Wie er im Leben neben Luther lehrte und wirkte, so ruht er auch im Tode neben ihm. Luthern ist am 31. Oktober 1821 vom König Friedrich Wilhelm Iii. von Preußen ein kunstvolles Denkmal auf dem Marktplatze zu Wittenberg errichtet worden. Auf einem mächtigen, herrlich geschliffenen Granitblocke steht seine Bildsäule, in mehr als menschlicher Größe von Metall gegossen. Er hält in der Linken die aufgeschlagene Bibel, auf welche er mit der Rechten hinweist. Ueber ihm ist eine Decke von Eisen mit hohen Spitzen, ruhend auf vier eisernen Säulen, welche auf dem Granitblocke aufstehen. Später . ist auch ein Standbild Melanchthons aufgerichtet worden.*) *) Ein großartiges Resormationsdenkmal besitzt seit 1868 die Stadt Worms. Um die in der Mitte sich erhebende Colossalstatue Luthers stehen die Statuen Melanchthons, Reuchlins, Friedrichs des Weisen und Philipps von Hessen. An den Ecken des Postaments der Lutherstatue sind die Gestalten der Vorläufer der Reformation zu schauen: Petrus Waldus, Wikless, Huß, Savonarola. Die Städte Speier, Augsburg, Magdeburg sind als sitzende Frauengestalten dargestellt. Das Ganze erhebt sich auf einem Granitmauerbau. — Unter den hier genannten Vorläufern der Reformation ist von Savonarola

4. Theil 3 - S. 167

1880 - Stuttgart : Heitz
Stockholmer Blutbad. Gustav Erichsons Abenteuer. 167 Erzbischof gebracht hatte, vor, er könne ihnen ja als König sein Wort halten, aber als Vollzieher des päpstlichen-Bannes — denn der Papst hatte die Schweden in den Bann gethan — müsse er sie bestrafen. Das fand Christian recht schön und schritt schnell zur Ausführung. Vier Tage nach der Krönung, noch während der damit verbundenen Gastereien, setzte er plötzlich ein Gericht nieder, vor welchem die edle Christina, die Reichsräthe und der Magistrat von Stockholm verklagt wurden, und die Richter sprachen das Urtheil, daß alle das Leben verwirkt hätten. Gleich stürzten Soldaten in den Gerichtssaal und bemächtigten sich der Vertheilten, die so lange auf dem Schlosse warten mußten, bis die Anstalten zur Hinrichtung vollendet waren. In größter Eile wurden auf allen Plätzen der Stadt Galgen errichtet. Nach zwei Tagen wurde ausgerufen, daß alles Volk sich in den Häusern verhalten sollte, und Kanonen wurden aufgefahren. Dann öffneten sich die Thore des Palastes, und die Verurtheilten, denen man nicht einmal mehr das heilige Abendmahl bewilligt hatte, wurden hinausgeführt in den Prachtgewändern, in welchen sie zwei Tage vorher aufs Schloß zum Feste gekommen waren. Die.größten Reichsbeamten, die Reichsräthe, zwei Bischöse, die vornehmsten Edelleute und der ganze Magistrat von Stockholm gingen, von Henkern geführt. Paar und Paar zum Richtplatze (8. Nov. 1520). Es waren 94 Personen, die ausgezeichnetsten des Königreichs. Christian selbst sah aus einem Fenster des Rathhauses der Blutscene zu. Die Verurtheilten zeigten eine ruhige Fassung; das Volk dagegen, welches ungeachtet des Verbots die Straßen füllte, wehklagte laut, und viele wurden dafür von den dänischen Soldaten niedergehauen. Unter den Verurtheilten war auch Erichsons Vater. Das Blut floß im eigentlichen Verstände in Bächen vom Markte nach den anstoßenden Gassen, so daß diese Ermordung mit Recht das Stockholmer Blutbad genannt wurde. Christina, Sture's Wittwe, sollte wählen, ob sie verbrannt, ertränkt oder lebendig begraben werden wollte. Mit Mühe erhielt sie es, daß sie lebenslang in Ketten geschmiedet wurde. Viele geringere Bürger und die Bedienten der hingerichteten Edelleute wurden gehängt und ein Ritter gar gekreuzigt. Zwei Tage lang lagen die Leichen auf dem Platze und Christian selbst ging umher, sich an dem scheußlichen Anblicke zu weiden. Auch zwei kleine Knaben, deren Vater der König nicht leiden konnte, mußten sterben. Der eine war neun, der andere erst sechs Jahre alt, und zwar ließ er sie,

5. Theil 3 - S. 248

1880 - Stuttgart : Heitz
248 Neue Geschichte. *2. Periode. Frankreich. rale gehorcht hatten, — wurde ihnen angekündigt, der König wolle, daß beide Städte verbrannt würden; doch sollte den Einwohnem erlaubt sein, das Ihrige nach den benachbarten französischen Städten zu retten. Auf den Knieen baten die zitternden Bürger um Milderung; sie hätten ja nichts verbrochen. Aber das half nichts; das einzige, was man ihnen bewilligte und als große Menschlichkeit anrechnete, war, daß man ihnen einige Hundert Wagen zum Transport lieferte. Als sie aber ihre Sachen aufpacken wollten, hieß es: „Nein! erst eure Lebensmittel!" — und als diese aufgeladen waren, fuhren die Franzosen mit den Wagen davon nach ihren Festungen. Auch hatte man den Bürgern versprochen, daß die Domkirchen in beiden Städten verschont bleiben sollten, und daher brachten sie ihre kostbaren Habseligkeiten dahin zur Bewahrung. Endlich hieß es: „Nun ziehet aus! der Brand soll anfangen!" Da verließen in Speier am zweiten Pfingsttage Tausende von Männern, Weibern, Kindern, Greisen, die theuern Wolmungeu, jeder mit dem bepackt, was ihm am liebsten war, und suchten Obdach in den benachbarten, ihnen aber fremden Orten, während die französischen Soldaten in die verlassenen Häuser einbrachen und alles Zurückgelassene ausplünderten. Jetzt wurde Speier auf ein gegebenes Zeichen angezündet und brannte binnen zwei Tagen ganz nieder; was von Mauern stehen blieb, wurde durch Hebeisen der Erde gleich gemacht. Der Dom wurde ausgeplündert. Man riß selbst die Kaisergrüfte vor dem Kreuzaltare auf, durchwühlte die Särge Kaiser Albrechts I. und der Kaiserin Beatrix, Friedrich Barbarossa's Frau, und ließ die Särge der fränkischen Kaiser nur darum ungestört, weil sie tiefer lagen und man in jenen nichts von Bedeutung gefunden hatte. Worms hatte einen Tag später dasselbe Schicksal und brannte in einem Nachmittage nieder. Der Dom blieb zwar stehen, aber alle Kostbarkeiten wurden weggenommen, die Gräber und Särge durchwühlt und die Leichen mit Hohngelächter umgeworfen. Einige Offiziere, die durch den Anblick aller dieser Schändlichkeiten gerührt wurden, fragten einen Oberbefehlshaber, was denn die armen Bewohner verbrochen hätten? „Der König will es!" war die Antwort, und zugleich wies er ihnen eine Liste von 1200 Städten und Dörfern, die noch verbrannt werden sollten. Indessen zur Ehre des Königs sei es gesagt, daß sein Name, wie das Königen oft geschieht, hierbei gemißbraucht wurde. Er wußte die Grausamkeiten nicht in ihrem ganzen Umfange, und als er sie mehrere Monate später erfuhr,

6. Theil 3 - S. 81

1880 - Stuttgart : Heitz
Bartholomäusnacht. 81 „Mord! Mord!" ins Zimmer. Coligny war beim ersten Lärm aufgestanden; man fand ihn an die Wand gelehnt betend. Einer der Bewaffneten, ein Böhme, Namens Dianowicz, bemerkte ihn zuerst. „Bist du Coligny?" rief er. „Ich bin es," antwortete der Admiral ruhig; „achte meine grauen Haare." — Jener aber stieß ihm den Degen in den Leib, zog ihn rauchend wieder heraus und hieb ihm so lange ins Gesicht, bis er todt zu Boden sank. Dann rief er zum Fenster hinunter: „Es ist vorbei!" — „Der Herzog von Angouleme will es nicht glauben," antwortete Guise, „bis er ihn zu seinen Füßen liegen sieht." Man stürzte den Leichnam aus dem Fenster; Angouleme wischte ihm das Blut aus dem Gesichte, um"seilte Züge zu erkennen, und gab ihm dann einen Fußtritt. Sobald sich die Glocke hatte hören lassen, hatten sich die davon unterrichteten Katholiken mit fürchterlichem Geschrei und Mordgeheul von allen Seiten erhoben. Die Hugenotten kamen, zum Theil halb angekleidet und schlaftrunken, aus den Häusern, um zu sehen, was es gäbe. Einige wollten nach der Wohnung des Admirals, wurden aber gleich, an der Thüre von der Wache niedergestoßen. Andere, welche nach dem Louvre, dem Residenzpalaste des Königs, eilten, wurden von der Garde mit Pikenstößen und Flintenschüssen zurückgetrieben und fielen aus dem Rückwege den Soldaten des Herzogs von Guise oder den Bürgerwachen in die Hände, die ein schreckliches Blutbad unter ihnen anrichteten. Nachdem alle ermordet waren, die man auf den Straßen gefunden hatte, drangen die Mörder in die Häuser ein; die verschlossenen Thüren wurden aufgesprengt, und alle, die man fand, wurden ohne Unterschied des Alters und Geschlechts niedergestoßen; überall tönte Mordgeschrei und das Aechzen und Röcheln der Sterbenden. Diese Abscheulichkeiten währten die ganze Nacht hindurch; jeden Augenblick entdeckten die Mörder neue Schlachtopfer. So brach der Morgen an und die Sonne beleuchtete das gräßliche Schauspiel. Hier und da wurden geköpfte Leichen aus den Fenstern gestürzt; auf den Straßen und Hausfluren lagen todte und sterbende Körper umher und unzählige Leichen wurden durch die Straßen nach der Seine geschleppt. Guise und andere Große gingen in den Gassen umher und munterten die Bürger zu den Ermordungen noch mehr aus: es sei ausdrücklicher Wille des Königs, daß die ganze Schlangenbrut umkomme. Ein Goldarbeiter lief mit nackten, blutigen Armen umher und rühmte sich, mehr als 400 todtgeschlagen zu haben. Aber Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 6

7. Theil 3 - S. 83

1880 - Stuttgart : Heitz
Bartholomäusnacht. 83 der Ermordeten zu weiden, dann vor das Thor, wo die Galgen standen, um den Leichnam des ehrwürdigen Admirals zu sehen, den man erst durch die Straßen geschleppt, dann ins Wasser geworfen, endlich auf Feuer gelegt und zuletzt halbverbrannt mit den Füßen an einen Galgen gehängt hatte. „Der Geruch eines Ketzers ist immer angenehm," sagte der König/ während der Pöbel den Leichnam Eoligny's röstete. — Man zwang gar die Kinder des Ermordeten, hinauszugehen und den gräßlich verunstalteten Leichnam des Vaters anzuschauen! Nur wenige Züge von Edelmuth hat die Geschichte aus diesen Tagen des Grausens aufbewahrt. Hier einer davon! Vezins, ein Edelmann, war der Nachbar Regniers, eines Hugenotten. Sie waren Feinde, und Vezins hatte diesem hundertmal schon den Tod gedroht. Jetzt zitierte Regnier, daß Vezins diese Gelegenheit wahrnehmen und ihn ermorden würde. Plötzlich schlug man seine Hausthür ein. Vezins war es, der in Begleitung zweier bewaffneten Bedienten mit bloßem Degen eintrat und dem zitternden Regnier mit barscher Stimme befahl, sogleich ihm zu folgen. Draußen standen vier Pferde; auch Regnier mußte aufsteigen und wurde, ohne daß Vezins ein Wort sprach, bis auf sein Landgut geführt. Als sie hier allein waren, sprach Vezins: „Siehe, nun bist du in Sicherheit! Ich hätte die Gelegenheit benutzen und mich rächen können, aber tapfere Leute müssen die Gefahr theilen; dazu habe ich dich gerettet. Wenn du willst, so sollst du mich bereit finden, unsern Streit auszufechten, wie es sich für Edelleute geziemt." Regnier erschöpfte sich in Danksagungen und bat ihn um seine Freundschaft. „Ich lasse dir," antwortete Vezins, „ganz die Freiheit, ob du mich lieben oder hassen willst, und ich habe dich eben hierher gebracht, um srei wählen zu können." Und ohne die Antwort abzuwarten, drückte er seinem Pferde die Sporen ein und flog davon. Nicht nur in Paris, sondern im ganzen Königreiche wurde auf des Königs Befehl die Ermordung der armen Hugenotten vollzogen, so viel man ihrer auffinden konnte. Die Leichname ließ man zum Theil unbegraben verfaulen; viele warf man in die Flüsse, so daß lange Zeit hindurch Niemand Flußwasser zu den Speisen gebrauchen und Fische essen wollte. Nur wenige Statthalter hatten Gewissen genug, sich der Ausführung des königlichen Befehls zu widersetzen. Der Commandant von Bayonne wagte es, dem Könige zurückzuschreiben: „Sire, ich habe Ew. Ma-

8. Theil 3 - S. 278

1880 - Stuttgart : Heitz
278 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. vom Rumpfe zu trennen." Der König reichte ihm den Säbel mit den Worten: „Tod den Türken und Tataren! Leben und Gnade den Unterthanen!" eine Aeußerung, die seiner Menschlichkeit Ehre macht. Peter fand den Aufruhr schon gedämpft; alle Gefängnisse waren voll. Kaum bezwang sich Peter, seine Schwester Sophia nicht zu mißhandeln; denn sie hatte vermuthlich wieder ihre Hand im Spiele gehabt. Darum wurde sie noch enger eingesperrt; vor dem Kloster, in welchem sie wohnte, wurde eine lange Reihe Galgen aufgerichtet und an diesen gegen 150 Empörer aufgeknüpft; unmittelbar vor dem Fenster der Zelle Sophia's hingen drei der Schuldigsten. Schrecklich war diesmal die Strafe der Uebelthäter; einen ganzen Monat lang floß ihr Blut auf dem Richtplatze bei Moskau. Selbst Peters Gemahlin, Eudoxia Lapuchin, wurde, weil sie den Neuerungen des Czaren abhold war, verstoßen und in ein Kloster geschickt. Um diese Zeit starb sein Freund Lesort. „Nun habe ich keinen treuen Diener mehr!" rief Peter mit Thränen aus. „Auf ihn allein konnte ich mich verlassen." Er küßte den theuern Leichnam und badete ihn mit seinen Thränen. Seine Stelle ersetzte späterhin Menschikow. Die Nachrichten über dessen Herkunft sind verschieden. Es heißt, er sei ein Pastetenbäckerjunge gewesen und habe Pasteten auf den Straßen herumgetragen. Einst kam er so auch in die Küche eines vornehmen Russen, der den Ezar zu Tische geladen hatte. Da bemerkte er, daß der Wirth in ein Lieblingsgericht des Czaren ein Pulver that. Menschikow schöpfte Verdacht, ging auf die Gaffe und wartete, bis der Czar kam. Dieser bemerkte ihn und sagte: „Gieb mir deinen Korb zum Kaufe." — „Den Korb," antwortete der Junge, „darf ich nicht ohne meines Herrn Erlaubniß hingeben. Indeß, da Euch doch alles zugehört, so nehmt ihn immerhin." — Die Antwort gefiel Petent; er befahl ihm, zu folgen und ihn bei Tische zu bedienen. Als nun das verdächtige Gericht kam, rief der Knabe den Czar bei Seite und sagte ihm, was er gesehen habe. Peter verlangte, daß der Wirth zuerst davon essen sollte, und da dieser bestürzt es ablehnte, setzte er einem Hunde davon vor, der bald darauf starb. Seit dieser Zeit genoß Menschikow das Vertrauen des Czaren und half ihm auch treulich bei der Ausführung seiner Verbesserungsplane. Das Ausland hatte dem Czaren so gefallen, daß er nichts sehnlicher wünschte, als seine Russen danach zu bilden. Mit dem

9. Theil 3 - S. 110

1880 - Stuttgart : Heitz
110 Neue Geschichte. 1. Periode. England. Maria war oder stellte sich erschrocken; sie jammerte laut auf, und versprach, alles aufzubieten, den Urheber der scheußlichen That zu entdecken. Der Hauptverdacht fiel auf Bothwell; da man aber wußte, in wie hoher Gnade er bei Maria stand, so wagte es niemand, ihr die öffentliche Vermuthung mitzutheilen. Nur in der Nacht ließen sich in den Straßen Stimmen hören, welche Bothwell und Maria die Mörder des Königs nannten, und häufig fand man an den Straßenecken Zettel angeklebt, die ungescheut das Nämliche behaupteten. Ob Maria an der Ermordung Darnley's schuldig war, ist zwar nicht erwiesen; aber es ist nicht zu glauben, daß Bothwell ohne ihre Zustimmung die Schandthat gewagt haben würde, wenn er auch aus seinem Sterbebette in Malmöe (in Dänemark) an Eidesstatt erklärte, daß er Darnley auf Anstiften Murray's und zweier andern ermordet habe. Wahrscheinlich ist, daß schon vor Darnley's Ermordung ein Verständniß zwischen Maria und Bothwell stattgefunden, und daß sie durch ihr Betragen den Verschworenen gezeigt habe, sie würde Darnley's Tod nicht ungern sehen und dem Bothwell ihre Hand zu geben bereit sein. Höchst unbesonnen war, daß sie nicht einmal den Schein vermied. Zwar wurde ein Gericht niedergesetzt; da es aber an bestimmten Beweisen fehlte und Bothwell sogar Vorsitzer des Gerichts war, so wurde er für unschuldig erklärt. Darauf beging sie in ihrer Verblendung die Unbesonnenheit, seinen Bitten um Vermählung nachzugeben. In dieser Absicht verabredete sie mit ihm eine Entführung. Bei einem Spazierritt, den sie in weniger Begleitung unternahm, begegnete er ihr mit einigem Gefolge wie zufällig und führte sie nach seinem Schlosse. Hier vermählte sie sich, als wenn sie es halb gezwungen thäte, drei Monate nach Darnley's Ermordung mit ihm (1567). Dieser Leichtsinn war um so sträflicher, da Bothwell sich, um sie heirathen zu können, von seiner Frau, mit der er erst ein halbes Jahr vorher vermählt worden war, mußte scheiden lassen. Hat aber jemand für seinen Leichtsinn schwer gebüßt, so war es unstreitig Maria. Mit Bothwell lebte sie höchst unglücklich. Kein Tag verging, an dem er sie nicht schlecht behandelte und sie über ihn Thränen vergoß. Der Fluch des Verbrechens, mit welchem diese Ehe eingeleitet worden war, wirkte fort. Der ganze schottische Adel war über die Vermählung Maria's mit Bothwell dermaßen empört, daß er sich gegen die Königin verband und in's Feld zog. Schon eingeschlossen, entwischen Maria und Bothwell, können sich aber im offenen Felde nicht halten;

10. Theil 3 - S. 191

1880 - Stuttgart : Heitz
Wallensteins Entsetzung. 191 dem Passauer Vertrage eingezogene Güter den Katholiken zurückgeben, und daß jeber katholische Fürst das Recht haben solle, seine evangelischen Unterthanen zu seiner Religion anzuhalten. Nun hatte er boch wieber einen Vorwanb, das ungeheure Heer beisammen zu lassen, um nämlich das Gesetz — man nannte es das Restitntionsebict — in Ausübung bringen zu lassen. Wie erschraken aber die evangelischen Fürsten! Jetzt erst sahen sie, aber zu spät, ein, daß es,' wenn sie gleich anfangs zusammengehalten hätten, nicht so weit gekommen wäre. Zwei Erzbisthümer, 12 Bis-thümer und eine zahllose Menge Stifter, Klöster und Kirchen sollten herausgegeben werben. Alle Vorstellungen der Reichsstänbe fruchteten nichts; an bewaffneten Wiberstanb bachte bloß die Stadt Magbeburg, welche jetzt einen katholischen Erzbischof aus dem östreichischen Hause aufnehmen sollte. 5. Wallensteins Entsetzung. Aber nicht allein das Re-stitutionsebict schlug die Gemüther nieber; auch die zuchtlose Wirthschaft der Walleusteiner, unter welcher Protestanten und Katholiken gleich sehr litten, erregte allgemeine Unzufriebenheit, und alle Fürsten wünschten Frieden. Zwölf Jahre hatte nun schon der Krieg gebauert, und grenzenloses Elenb war schon hier und ba baburch angerichtet worben. Daher baten alle den Kaiser, boch eine Zusammenkunft der Fürsten auszuschreiben. Das geschah bettn auch, und sie kamen 1630 in Regensburg zu einem Reichstage zusammen. Aber was mußte Ferbinanb hier hören! Von allen Seiten schrie man auf ihn ein und führte die bittersten Klagen über Wallenstein. Selbst der eigene Bruder des Kaisers sagte: „Ew. Majestät glauben nicht, wie das Volk auf den Durchzügen haust. Es kann nicht ohne allen Schaben abgehen. Aber das Bretmen, das Mißhanbeln der Weiber und Kinder, das Tobt-schlagen, das Nasen- und Ohrenabschneiben und noch anbete Martern — das kann der Offizier wohl Hinbern. Ich weiß es wohl, daß man Ew. Majestät solche Sache ausreben will; aber mir, Ihrem getreuesten Bruder, können Sie sö viel wohl glauben. Die Offiziere füllen ihre Beutel mit dem Schweiße und Blute der armen Leute an und ich könnte mehrere nennen, die vor kurzer Zeit noch in einer unansehnlichen Gestalt erschienen, jetzt aber 3—400,000 Gulden baares Gelb besitzen. Die Summen nahmen sie nicht bettt Feinde ab, sonbent sie erpreßten sie von bett armen Unterthanen der katholischen Fürsten." Noch kläglicher waren die Berichte der pommer-schen Abgeorbneten! Ihr Herzog Bogislav habe die Soldaten als
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